Aus der Rede zum 100. Geburtstag von Stephan Dietrich, Saafnlob
Am 17. Februar 1898 erblickte er in unserer Stadt Eibenstock das Licht der Welt. „Wieder e Gung“ soll sein Vater gleich gesagt haben, weil man nach drei Buben auf ein Mädchen gehofft hatte, so hat es ihm jedenfalls seine Mutter später erzählt. Die Nachwelt und natürlich auch wir können glücklich darüber sein, dass es die Natur so gewollt hat und uns mit seiner Persönlichkeit einen Menschen gab, der voller Liebe zu seiner erzgebirgischen Heimat war und uns mit seinen zahlreichen Liedern, Gedichten und Schnorken ein wertvolles kulturelles Erbe hinterlassen hat.
Aus einer alteingesessenen Bergmannsfamilie stammend, wurde ihm besonders durch seine von ihm sehr verehrte Mutter diese Liebe für Landschaft und Menschen seiner Heimat bereits in frühester Kindheit nahe gebracht.
Von 1920 bis 1945 wirkte Stephan Dietrich als Lehrer in Eibenstock und Wildenthal, dann folgte für ihn ein Berufsverbot und eine schwere Zeit als Häftling in Bautzen und Mühlberg von 1945 bis 1948. Wieder heimgekehrt arbeitete er von 1948-1953 als Waldarbeiter und Markscheidergehilfe im Uranerzbergbau.
Neben seiner beruflichen und schriftstellerischen Tätigkeit war Stephan Dietrich unermüdlich mit ehrenamtliche Arbeiten verbunden. So war er langjährig Vorsitzender des Erzgebirgszweigvereines Eibenstock, darüber hinaus im Sächsischen Heimatwerk sowie im späteren Kulturbund aktiv.
Unermüdlich war er mit verschiedenen Freunden und Gruppen zu vielen Auftritten unterwegs, um seine Gedichte und Lieder seinen Mitmenschen nahe zu bringen, um Ihnen ein Stück ihrer Heimat in Wort und Musik aufzuzeigen.
Seine über 50 Lieder, seine Bücher, Erzählungen und Gedichte, seine Aufsätze und Festschriften – vieles davon wurde veröffentlicht im „Glückauf“, im Kulturspiegel Eibenstock, im Kalender „Sächsische Gebirgsheimat“, „Schneeberger Heimatbüchlein“ und „Zwickauer Pulsschlag“.
Selbst als Theater – und Hörspielautor – seine Stücke wurden auch im Hörfunk publiziert – war er äußerst erfolgreich und hat sich so über die Grenzen des Erzegbirges einen guten Namen gemacht.
Heimatfreund Fred Heydel – ein Kenner der erzgebirgischen Heimatgeschichte – stellte die besonderen Wesenszüge der bemerkenswerten und liebenswerten Persönlichkeit „Saafnlob“ in einem Nachruf wie folgt dar: „Er ist der Einzige aber auch Neuerer des Erzgebirgsliedes, aus der Vielzahl der erzgebirgischen Heimatsänger und – dichter der mit seinem reichen Schaffen an die Altmeister des Heimatliedes, Anton Günter und Hans Soph, anschließen konnte.“
1965 konnte man im „Sächsischen Tageblatt eine Würdigung des „Saafnlob“ mit folgendem Wortlaut lesen:
„Dietrichs Lyrik ist nicht mit Problemen beladen, sie ist schlichtes Bekenntnis zum Natürlichen und Gewachsenen. Aus Wald und Feld, aus der großen bergmännischen Vergangenheit der Landschaft zwischen Auersberg und Fichtelberg formt Saafnlob mit scheinbarer Selbstverständlichkeit die besinnlichen und ernsten Dinge. Der Stoffkreis ist bewußt eng gezogen, und doch umschließt er die Fülle des Lebens.“
In all seinen Geschichten, Liedern und Gedichten ist immer viel Humor zu finden, jedoch war das Besinnliche stets das Gewichtigere in seinem Wirken.
Sein allererstes Gedicht mit dem Titel „Haamit“ drückt dieses innerste Empfinden Stephan Dietrichs deutlich aus.
Seine tiefe Verwurzelung mit den Gewohnheiten, Empfindungsarten und der Mentalität der Erzgebirgler verlieh dem Saafnlob die außerordentliche Gabe, seinen Zuhörerschaft bei seinen Auftritten zu den Heimatveranstaltungen ganz intensiv in seinen Bann zu ziehen.
Freunde, die seine Veranstaltungen miterleben durften berichten:
„Die Leute hingen an seinem Mund und gingen jede Nuance seines Vortrages, seiner Mimik und seiner ausdrucksvollen Sprache leidenschaftlich mit. Eben platzte der Saal fast vor lachen, aber nach wenigen Sätzen Dietrichs konnte man schon wieder eine Stecknadel zu Boden fallen hören.“
Diese Vortragsgabe hatte nur er, sie ist ein Stück seiner Leidenschaft, mit der er seine Heimat weit über deren Grenzen hinaus bekannt machte.
Mit diesen seinen Fähigkeiten war er unter den vielen guten Mundartsprechern des Erzgebirges einer der besten überhaupt.
Das belegt nicht zuletzt auch die Rekordauflage in Höhe von 7000 Exemplaren seines „Lustigen Buches der Erzgebirgler“ im Jahre 1954. Er war auch der Hauptorganisator der 800-jahrfeier von Eibenstock, er warb 1954 im „Kulturspiegel Eibenstock“ unermüdlich für seine Heimatstadt, lud alle ehemaligen Eibenstocker aus Ost und West ein und ließ dieses Fest mit der Aufführung des klassischen Theaterstückes „Die Pelzmütze“ zu einem der bedeutendsten Ereignisse in der Kulturgeschichte seiner geliebten Vaterstadt werden.
Nach dem Tode seiner lieben Frau Edith übersiedelte er – selbst in die Jahre gekommen und pflegebedürftig – 1966 nach Hagen zu seinem Sohn Winfried. Er verlor aber nie die Verbindung zu seinem Erzgebirge. Seinem Freund Fred Heydel schrieb er, daß er noch viel zu erledigen habe, arbeitete an einem weiteren Buch und sprach Gedichte und Geschichten auf Tonband bis ihn ein immer stärker werdendes Herzleiden am 8. Mai 1969 aus dem Leben riß, aus einem Leben, das reich und erfülltwar, dem Glück und Erfolg beschieden war, welches aber auch vom festen Durchstehen schwerster Zeiten und erlittenem Unrecht gezeichnet war.
Entsprechend seinem Wunsche wurde die Urne mit seiner Asche nach
Eibenstock überführt, wo sie hier an dieser Stelle neben seiner Frau die letzte Ruhe fand.
Seine und unsere Heimatstadt Eibenstock hat ihm zu Ehren seine Nordstraße, wo er einst wohnte, seinen Namen gegeben.
Sein Vermächtnis, seine Lieder und Gedichte sind längst Teil unserer
Vereinsarbeit geworden. Ob zu unseren monatlichen Treffs oder zu Aufführungen unserer Kindergruppe, es vergeht kaum ein Heimatabend, wo nicht eines seiner kleinen oder großen Werke zu Gehör gebracht wird.
Und so lag auch der Gedanke nicht fern, unserem Heimatdichter dieses kleine Denkmal zu setzen. Auf Initiative unserer Heimatfreundin Anita Einsiedel wurde diese Idee mit Leben erweckt. In einer bisher beispiellosen Tombola-Aktion konnten Gelder für dieses Ereignis bereitgestellt werden.
Die dazu erforderlichen Preise fertigte sie an zahlreichen Abenden uneigennützig mit viel Liebe und Geschick.
Immer wieder rief sie zu Spenden auf und kurbelte den Verkauf der Lose an und nun sind wir als Heimatverein stolz darauf, aus eigener Kraft diesen Gedenkstein ermöglicht zu haben.
Die feierliche Enthüllung des Steines wurde mit der Originalstimme unseres Saafnlob eingeleitet. Dieses Tondokument aus den 60-ziger Jahren konnte wieder aufbereitet werden und so war es möglich, dass unser Saafnlob „persönlich“ mit einem Gruß an seine Eibenstocker sozusagen sich selbst ehrte. Er kündigte dann auch noch „seine Maad“ an und ließ diese eines seiner Lieder „Mei Eimstock“ singen.
Umrahmt wurde die Gedenkfeier aber von erfrischendem Gesang, vom Männerchor unserer hessischen Partnergemeinde Biebertal. Der Chor unter der Leitung von Herrn Bernhardt überzeugte mit ausgewähltem Liedgut durch eine bestechende Ausdrucksweise und Qualität und wurde von den Besuchern aus nah und fern dementsprechend gebührend mit herzlichem Applaus gewürdigt.
Natürlich durfte auch das wohl bekannteste Lied unseres Heimatdichters nicht fehlen. Heimatfreund Günter Schmidt trug es mit Gitarrenbegleitung vor, wobei nicht nur der Refrain von vielen Anwesenden mitgesungen wurde.
Anschließend konnte noch ein Brief des Sohnes Stephan Dietrichs verlesen werden, in dem er sich für die Ehre, die hier in Eibenstock seinem Vater zu Teil wird, mit herzlichen Worten bedankt und allen Besuchern schöne und erlebnisreiche Stunden zur 850 Jahrfeier Eibenstocks wünschte.